Ohne ihre Kreativität, Naturliebe, Heilkraft und Spiritualität, ohne ihren Idealismus und Tatendrang gäbe es diesen Ort so nicht: Meine Mutter Barbara. Trotzdem nannte sie sich immer nur Hüterin. Das trägt der Tatsache Rechnung, dass dieser Platz eine ureigene Magie hat, die genährt werden muss.
Sie war ein außergewöhnlicher Mensch! Als Schülerin entdeckte sie den Drang, die Welt zu verbessern. Zunächst sollte es gleich das große Ganze sein. 1968 schmiss sie das Abi, ging in die Fabrik, statt Kunst zu studieren, arbeitete Günter Walraff für die „Industriereportagen“ zu und war in einer kommunistischen Partei. Dort traf sie meinen Vater Robert. Statt Wiegenlieder sang sie mir die „Internationale“ vor! Bis sie erkannte, dass Fundamentalismus nie der Weg sein kann. Da fing sie lieber im Kleinen an. Sie lernte Erzieherin, wurde Kindergartenleiterin. Die Erste, die Erlebnisburgen aus Holz einbauen lies. Unsere Brotzeit mussten wir teilen. Ihre Kreativität lebte sie als Keramikkünstlerin aus, die auch Ausstellungen hatte und ihr Können in der Erwachsenbildung weiter gab.
Den Glauben an die Politik hatte sie da noch nicht verloren: meine Eltern waren bei den Gründungsgrünen. Ich musste mein Kinderzimmer räumen, damit Joschka Fischer als Wahlkampfhilfe übernachten konnte. Natürlich war ich auf Demos gegen das AKW Grafenrheinfeld, auf Menschenketten für den Frieden oder in Wackersdorf dabei. Letzteres war nicht schön: die Staatsmacht verfolgte selbst schaarenweise und en block flüchtende Mütter mit Kindern gezielt mit dem Wasserwerfer. Irgendwann wurden Bara die grünen Ideen zu bunt. Die Liebe zum Leben im Einklang mit der Natur aber blieb.
Deshalb suchten wir Drei einen eigenen Hof auf dem Lande. 1985 wurden wir hier fündig. Dieses ehemalige landwirtschaftliche Anwesen war stark renovierungsbedürftig und der Garten eine reine Obstbaumwiese. Meine Eltern arbeiten insgesamt zwei Jahrzehnte, um alles herzurichten und schrittweise auszubauen, mit Leidenschaft und Hand in Hand. Meine Mutter hatte die gestalterischen Ideen, mein Vater setzte sie als Baumeister um. Er ist Schreinermeister und Restaurator und hatte auf seinem Teil des Anwesens auch seine Werkstatt. Beruflich war Bara indes Heilpädagogin und arbeitete an einer Sprachheilschule. Als Keramikkünstlerin eröffnete sie hier eine Werkstatt, schmückte den Hof mit ihrer Kunst und lud zu Ausstellungen ein. Sie entdeckte ihre Liebe zum Gärtnern, die Heilkraft der Kräuter und legte einen wahren Gartenpark an.
Durch ihre Rückkehr zu den Wurzeln, Profession und chronische Krankheit wurde in Bara bald das Interesse an alternativen Heilmethoden geweckt. So erlernte sie bei Anne Hoefler das Geistheilen, organisierte Heilzirkel und legte schließlich das Commitment ab, ihr ganzes Leben in den Dienst der Heilung zu stellen. Sie machte sich hier selbstständig, legte in ihrer Praxis die Hand auf und eröffnete eine Begegnungsstätte nach Vorbild der englischen „Healing Center“. So wurde dieser Ort zum „Lichthof“. Im Geistheilen war sie so gut, dass Menschen aus ganz Deutschland zu ihr kamen. Sie ruhte sich aber nicht darauf aus, sondern lernte weitere natürliche Heilmethoden - vornehmlich Körperarbeit. Besonders wichtig war es ihr, Wissen weiterzugeben; zu zeigen, wie man sich selbst und anderen helfen kann. So hat sie schlußendlich ihr Ziel erreicht und die Welt verbessert.
Nach einer ihrer Studienreisen fasste Bara einen spontanen Entschluss, der folgenschwer sein sollte. Nach einer Massageausbildung in Thailand machte sie noch einen Abstecher nach Indien. Dieser veränderte ihr Leben, weil sie fortan immer wieder in dieses Land zurückkehrte; den Hof, weil sie viele Ecken mit Kostbarkeiten aus Indien schmückte und den „Bazar“eröffnete; besonders aber das zukünftige Geschick des „Lichthofs“ und seiner Familie: denn dort verliebte ich mich auf einer der vielen gemeinsamen Reisen in Hotelfachmann Dipak. Kaum erwarteten wir Nachwuchs, lebten hier alle zusammen und arbeiteten gemeinsam an Gästehaus und Café, hat sich Bara verabschiedet. Sie starb am 18.8.2013 nach schwerer Krankheit. Im Kreise ihrer Familie. Zu Hause. Ihren Lichthof als Einzelunternehmen hat sie mir übermacht.